Architekt
Peter Haimerl
Bauherrin
Gemeinde Blaibach
Standort
Blaibach im Bayerischen Wald/Landkreis Cham
Fertigstellung
2014
Leistungen
Tragwerksplanung, statische Beratung, Bewehrungspläne, Bauüberwachung
Foto
Edward Beierle, Studio Haimerl
Konzerthaus Blaibach
In Blaibach im Bayerischen Wald/Landkreis Cham, nahe der Tschechischen Grenze, wurde im September 2014 nach nur einem Jahr Bauzeit das Konzerthaus Blaibach mit rund 200 Plätzen eingeweiht. Architekt: Peter Haimerl, München. Das Bauwerk wurde mit dem Deutschen Architekturpreis 2015 ausgezeichnet und dem Architekturpreis NIKE, der alle drei Jahre vom Bund Deutscher Architekten (BDA) für Projekte ausgelobt wird, die die Baukultur in Deutschland nachhaltig prägen.
Projektbeschreibung von Büro Peter Haimerl
Technische Beschreibung
Tragsystem
Das Bauwerk besteht aus zwei statisch getrennten Elementen: Keller mit Foyer und Toiletten; Vortragssaal.
Der Keller ist in klassischer Ortbetonmassivbauweise in WU erstellt. Er besteht aus einer durchgehenden Ortbetondecke die auf den Außenwänden und Trennwänden zum Vortragssaal auflagert. Die Gründung erfolgt über eine Bodenplatte mit Streifenfundamentverstärkungsstreifen. Die schiefe Ebene unter der Freitreppe ist als Schrägstützwand ausgebildet. Die daraus entstehenden Horizontallasten sind über die Ausbildung der Kellerdecke als Scheibe, die Wandscheiben und über die Bodenplattenscheibe kurzgeschlossen.
Der Vortragssaal ist statisch analog einer schräg gestellten Kiste ausgebildet. Das untere Ende lagert direkt auf der Bodenplatte. Die Schrägstellung wird über eine zum oberen Ende rückversetzte Stützwand erreicht. Die Dachdecke spannt in Gebäudequerrichtung und lagert auf den Seitenwänden. Die obere Stirnwand ist als Wandträger ausgebildet und ist auf den Seitenwänden indirekt gelagert. Die untere Stirnwand lagert direkt auf der Bodenplatte. Die untere schiefe Ebene, auf der die Sitzreihen befestigt sind wird über die Bodenplatte, die Stützwand und die obere Stirnwand, an die sie angehängt ist, getragen. Die Lasten aus der geneigten Kiste werden über die Ausbildung aller Elemente als steifen Scheiben realisiert.
Material
Aus bauphysikalischen und gestalterischen Gründen sind die Wände und das Dach in Leichtbeton ausgeführt. Der Leichtbeton wurde in Zusammenarbeit in Fa. Zankl auf Basis bestehender Rezepturen weiterentwickelt. Die ursprünglich vorhandene Mischung mit grobem Glasschaumschotter als Zuschlagstoff erreichte lediglich eine Festigkeitsklasse LC8/9 und wäre als statisch bewehrter Beton nicht zugelassen. Durch eine andere Korngrößenverteilung, hohem Zementwert und mit diversen Zusatzstoffen konnte ein LC12/13 XC4, XF1, XA1, WF als Rezeptbeton erreicht werden. Im Zuge der Baumaßnahme wurde dieser im Rahmen der Eigenüberwachung und mit Fremdüberwachung ausführungsbegleitend kontrolliert.
Der Beton hat die besondere Eigenschaft auf Grund des hohen Zementgehaltes bei der Hydratation viel Wärmeenergie zu produzieren. Wegen der guten Dämmeigenschaften und der relativ großen Bauteilstärken wird diese allerdings nur langsam an die Umgebung abgegeben. Dadurch entstehen im Inneren hohe Temperaturen. Bei einer Probewand wurden mit einem einbetonierten Temperaturfühler über 90° C gemessen. Dies hatte Auswirkung auf die Wahl der Elektroleerrohre und erforderte die Bauteilaktivierung in der Hydratationsphase laufen zu lassen.
Bauablauf
Aus gestalterischen Vorgaben und Anforderungen an die Raumakustik wurde eine gefaltete Innenoberfläche gewählt. Diese wollte der Architekt zusammen mit der Tragkonstruktion in einem Guss herstellen. Nach Erstellung der Bodenplatte und der Stützwand erfolgte die Ausführung der Wände über eine klassische Großflächenschalung. Zuerst wurde die Innenschalung erstellt. Zur Erzeugung der Geometrie wurden formgebende Schalungselemente innenseitig eingestellt. Die formgebende Schalung besteht aus flächigen Betonplanplatten die mit der Geometrie folgenden Schottträgern hinterlegt sind. Nach dem Bewehren der Tragwandebene wurden die nach innen stehenden Volumen bewehrt. Auf Grund der stark variierenden Innenseiten wurde ein flexibles Bewehrungssystem gewählt, sodass ein Puzzlespiel mit mehreren hundert Bewehrungspositionen auf der Baustelle vermieden werden konnte. Im Anschluss wurde von außen zugeschalt. Zum Betonieren wurde die Hauptschalung durchgeankert und die Wände in mehreren Takten noch oben betoniert. Nach Erstellung der Sitzebene wurde ein Schaltisch bis unter die Dachdecke erstellt. Auf den Schaltisch sind die formgebenden Elemente des Daches aufgelegt.
Durch diese Vorgehensweise konnte die Exaktheit der Geometrie über die Produktion der formgebenden Elemente mit 3D-Planung, CNC-zuschnitt und Ausführung im Werk der Fa. Gföllner gewährleistet werden, ohne das die Ortbetonausführung auf der Baustelle unnötig kompliziert wurde.
Fassade
Die Fassade besteht aus Fertigteilen. In die Fertigteile sind am oberen Rand Stahlformteile eingelegt. Die Gegenstücke die die Last in das Bauwerk einleiten sind am oberen Rand in die Decke als geschlossener Dachkranz einbetoniert. Dadurch konnte die Passgenauigkeit der Einbauteile im Bezug zu den nachträglich angehängten Fassadenplatten erzeugt werden.
Zur Windsogsicherung wurde mit Fa. Hilti ein Ankersystem entwickelt, das auf einer für hofwerksporigen Leichtbeton vorhandenen Zulassung für Klebeanker basiert. Zur Gewährleistung der Standsicherheit wurde eine Versuchsreihe am Objekt erstellt und bis zur zehnfachen notwendigen Last ohne Versagensfall getestet und so die Zustimmung des Prüfingenieurs erwirkt.
Für die Produktion der Fertigteile wurden die vorsortierten (keine Schwachstellen, Risse etc.) Granitsteine auf einer ebenen Fläche ausgelegt, die Fugen zum einem Drittel mit Sand verfüllt, oberseitig bewehrt, die Stahlteile eingelegt und die Platten betoniert. Zum Heben, Drehen, Stellen und Hängen der bis zu 3m*10m großen und ca. 19to schweren Platten wurde ein eigenes Hebewerkzeug entwickelt und gebaut.